Beratung zum Thema Versorgungsausgleich
Was passiert bei Scheidung mit Ihren Renten?
Bei einer Scheidung kümmert sich das Familiengericht von sich aus darum, dass alle in der Ehezeit von den Eheleuten erworbenen Renten- und Pensionsanwartschaften zwischen diesen hälftig geteilt werden. Der Erwerb von Versorgungsanrechten wird als gemeinschaftliche Lebensleistung der Eheleute angesehen. Daher sollen diese fair zwischen ihnen aufgeteilt werden. Dieses Ausgleichssystem nennt man den Versorgungsausgleich. Die Details regelt das Versorgungsausgleichsgesetz. Ziel dieser staatlichen Intervention bei Scheidung ist es zu verhindern, dass der Ehepartner, der während der Ehe beruflich zurückgesteckt hat, etwa wegen Kinderbetreuung, und der dadurch weniger in die Rentenkasse eingezahlt hat, im Rentenalter benachteiligt ist und im schlimmsten Fall in Altersarmut verfällt. Es geht also beim Versorgungsausgleich neben dem Schutz des sozial schwächeren Ehepartners auch um den Schutz der Sozialsysteme. Bei Ehen unter einer Dauer von drei Jahren ist der Schutzbedarf weniger ausgeprägt. Die Durchführung des Versorgungsausgleichs muss bei solchen Kurz-Ehen eigens beantragt werden. Anders als in anderen Ländern werden Altersversorgungen in Deutschland bei einer Scheidung somit besonders behandelt. Sie unterfallen nicht dem allgemeinen Zugewinnausgleich.
Welche Anwartschaften werden im Versorgungsausgleich geteilt?
Grundsätzlich werden alle Anwartschaften und bereits laufenden Versorgungen, die die Eheleute in der Ehezeit erworben haben und die auf eine Versorgung im Alter gerichtet sind, bei Scheidung hälftig geteilt.
Dies betrifft vor allem Anwartschaften und laufende Versorgungen:
Jedes einzelne Anrecht wird im Versorgungsausgleich aufgrund richterlicher Anordnung durch den jeweiligen Versorgungsträger im Wege einer Umbuchung geteilt. Es erfolgt keine Gesamtsaldierung.
Wenn sich für ein Anrecht nur ein geringer Ausgleichswert ergibt, findet ein Ausgleich nicht statt (sog. Bagatellanrechte). Gleiches gilt, wenn beide Ehepartner über gleichartige Anrechte verfügen, deren Differenz nur geringwertig ist.
Was gilt bei Unternehmern und Privatiers?
Selbständige Unternehmer betreiben häufig keine klassische Altersvorsorge. Ihre Alterssicherung steckt in ihrem Unternehmen. Andere wiederum gehen keiner rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit nach, weil sie von den Erträgen ihres Kapitals leben können. Bei all‘ diese Personen gibt es keine Anrechte, die im Versorgungsausgleich ausgeglichen werden könnten.
Sofern der Ehepartner solcher Personen über eigene Rentenanrechte verfügt, würde der Versorgungsausgleich zu seinen Lasten gehen, obwohl er meistens der sozial schwächere Ehepartner ist, den der Versorgungsausgleich eigentlich schützen soll. In derartigen Fällen wird in der Regel eine ehevertragliche Regelung getroffen, wonach der Versorgungsausgleich ausgeschlossen wird.
Für welchen Zeitraum erfolgt der Versorgungsausgleich?
Im Versorgungsausgleich werden nur diejenigen Rentenanrechte aufgeteilt, die während der Ehezeit erworben wurden. Ehezeit bedeutet dabei der Zeitraum vom Monatsersten des Monats der Eheschließung bis zum Monatsletzten des Vormonats der Zustellung des Scheidungsantrages. Rentenanrechte, die vor dem Monat der Eheschließung oder nach Ende des Monats der Zustellung des Scheidungsantrages erworben wurden, behält jeder Ehepartner für sich.
Wie läuft das Versorgungsausgleichsverfahren ab? Wie lange dauert es?
Das Versorgungsausgleichsverfahren läuft wie folgt ab:
Nachdem der Scheidungsantrag förmlich zugestellt wurde und damit das Ende der gesetzlichen Ehezeit feststeht, übersendet das Gericht beiden Eheleuten einen standardisierten Fragebogen zum Versorgungsausgleich. Dieser ist im Download-Bereich dieser Webseite abrufbar.
Auf dem Fragebogen hat jeder Ehepartner innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist nähere Angaben zu seinen in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften zu machen. Den Fragebogen sendet er anschließend – am besten nach vorheriger anwaltlicher Überprüfung – an das Gericht zurück.
Das Gericht leitet den Fragebogen an den anderen Ehepartner zur Überprüfung weiter. Wer meint, dass sein Ehepartner bestehende Anwartschaften oder laufende Versorgungen dort nicht angegeben hat, sollte dies dem Gericht mitteilen. Das Gericht überprüft dies dann von Amts wegen.
Parallel schreibt das Gericht jeden einzelnen der angegebenen Versorgungsträger an und erbittet Auskünfte zu den in der gesetzlichen Ehezeit von den Eheleuten erworbenen Anrechten. Die Versorgungsträger werden dadurch zu Beteiligten des Versorgungsausgleichsverfahrens und haben als solche Rechte und Pflichten. Insbesondere sind sie zur Erteilung der Auskünfte und bei Bedarf zur näheren Erläuterung gegenüber dem Gericht verpflichtet. Bei den wichtigsten Versorgungsträgern gibt es ganze Abteilungen, die sich nur um das Thema Versorgungsausgleich kümmern.
Nicht selten stellen die Versorgungsträger bei Überprüfung der Rentenkonten fest, dass bestimmte Anspruchszeiträume noch ungeklärt sind (z. B. Ausbildungs-, Wehrdienst-, Mutterschutz- oder Auslandszeiten) und dass sie daher die Auskunft noch nicht erteilen können. Sie fordern dann den betroffenen Ehepartner auf, bei der Kontenklärung mitzuwirken. Hierzu sind die Eheleute gesetzlich verpflichtet. Das Gericht kann Ordnungsmittel anordnen, wenn ein Ehepartner die Kooperation verweigert.
Nach und nach senden dann alle Versorgungsträger ihre Auskünfte an das Gericht zurück. Das Gericht leitet diese an die Eheleute bzw. deren Anwälte zur Überprüfung weiter. Diese können über das Gericht Rückfragen an die Versorgungsträger stellen oder Fehler monieren.
Je mehr Anrechte auszugleichen sind und je mehr ungeklärte Rentenkonten bestehen, desto länger dauert der Prozess. Zeiträume von sechs Monaten bis zu einem Jahr für den Rücklauf aller Auskünfte sind durchaus keine Seltenheit.
Tipp: Wer den Scheidungsprozess beschleunigen will, der sorgt dafür, dass alle Rentenkonten schon vorab geklärt sind, und reicht den ausgefüllten Fragebogen zum Versorgungsausgleich zusammen mit dem Scheidungsantrag bei Gericht ein.
Sobald alle Auskünfte bei Gericht eingegangen sind, übersendet das Gericht in der Regel einen Entwurf des Versorgungsausgleichs mit den genauen Berechnungen an die beteiligten Anwälte zur Prüfung. Häufig wird kurz danach oder zeitgleich der Scheidungstermin anberaumt.
Im Scheidungstermin wird der Versorgungsausgleich bei Bedarf nochmals besprochen. Häufig wird auch nur Bezug genommen auf den übersandten Entwurf.
Das Gericht verkündet im Scheidungstermin sodann einen Doppelbeschluss, wonach zum einen die Scheidung ausgesprochen und zum anderen die konkrete Durchführung des Versorgungsausgleichs angeordnet wird.
Wie erfolgt der Ausgleich?
Alle beteiligten Versorgungsträger erhalten nach dem Scheidungstermin eine Abschrift des Versorgungsausgleichsbeschlusses und führen nach Ablauf der Beschwerdefrist den Versorgungsausgleich wie vom Gericht angeordnet durch. Konkret bedeutet dies, dass sie die vom Gericht bestimmten Ausgleichsbeträge bzw. Bewertungspunkte vom Rentenkonto des bei ihnen versicherten Ehepartners auf das Rentenkonto des anderen Ehepartners umbuchen.
Zu diesem Zeitpunkt fließt also kein Geld. Die Eheleute haben selbst auch nichts zu veranlassen. Erst beim späteren Rentenbezug wirkt sich der durchgeführte Versorgungsausgleich zu ihren Gunsten oder Lasten aus. Die Versorgungsträger informieren die Eheleute über die konkreten Auswirkungen des Versorgungsausgleichs auf ihre Rentenkonten.
Die Minderung der Versorgungsanwartschaft durch den Versorgungsausgleich kann von den Eheleuten häufig durch freiwillige Beitragszahlung ganz oder teilweise ausgeglichen werden, solange die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht ist. Hierzu informieren ebenfalls die Versorgungsträger.
Was ist der Unterschied zwischen interner und externer Teilung?
Auf welches Versorgungskonto umgebucht wird, hängt davon ab, ob eine interne oder eine externe Teilung vorgenommen wird. Der gesetzliche Regelfall ist die interne Teilung, bei der das Anrecht beim selben Versorgungsträger begründet wird.
Im Ausnahmefall wird das Anrecht bei einem anderen Versorgungsträger begründet (externe Teilung). Dies ist bspw. dann der Fall, wenn ein Ehepartner Landes- oder Kommunalbeamter ist. Für den anderen Ehepartner wird dann in der gesetzlichen Rentenversicherung ein Anrecht begründet.
In besonderen Fällen darf auch der Versorgungsträger einen externen Ausgleich verlangen. Der begünstigte Ehepartner hat dann ein Wahlrecht, auf welchen Versorgungsträger das Anrecht übertragen werden soll. Wird das Wahlrecht nicht ausgeübt, ordnet das Gericht an, dass die Übertragung in die gesetzliche Rentenversicherung oder, bei Betriebsrenten, in die Versorgungsausgleichskasse erfolgt. Dies ist jedoch nicht immer die günstigste Vorsorgeform. Der begünstigte Ehepartner sollten sorgfältig prüfen, ob nicht eine andere Versicherung bessere Konditionen bietet, und das Wahlrecht entsprechend ausüben.
Versorgungsausgleich bei bereits bestehendem Rentenbezug (Wegfall des Rentnerprivilegs)
Sofern ein Ehepartner bei Scheidung bereits eine Rente oder Pension bezieht, führt die Durchführung des Versorgungsausgleichs bei ihm heutzutage unmittelbar zu einer Rentenkürzung. Dies gilt auch dann, wenn der begünstigte Ehepartner deutlich jünger ist und erst viele Jahre später in den Genuss des geteilten Rentenanrechts kommt. Der Versorgungsträger bzw. die Versichertengemeinschaft profitiert somit von einer Rentnerscheidung.
Das früher geltende sog. „Rentnerprivileg“, wonach ein Ehepartner, der bei Scheidung bereits Rentner oder Pensionär war, trotz des zu seinen Lasten durchgeführten Versorgungsausgleichs noch so lange seine Rente ungekürzt beziehen durfte, bis auch der geschiedene Ehepartner in den Ruhestand ging, wurde zum 01.09.2009 abgeschafft. Die entsprechende Gesetzesänderung wurde vom Bundesverfassungsgericht in 2014 als mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt.
In Hessen gilt allerdings nach wie vor eine Ausnahme für Beamte nach § 57 Abs. 1 Hessisches BeamtVG.
Außerdem sieht das Gesetz weiterhin eine Aussetzung der Rentenkürzung für den Fall vor, dass der Rentner dem ausgleichsberechtigten Ehepartner auch unterhaltspflichtig ist (sog. Unterhaltsprivileg). In Höhe der Unterhaltsleistung wird dann die Rentenkürzung ausgesetzt.
Was ist mit ausländischen Rentenanwartschaften?
Rentenanwartschaften, die während der Ehezeit bei ausländischen Versorgungsträgern begründet wurden, können im Versorgungsausgleich bei Scheidung nicht ausgeglichen werden. Die deutschen Gerichte haben ausländischen Versorgungsträgern gegenüber keine Anordnungskompetenz.
Derartige Anrechte können jedoch im sogenannten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich ausgeglichen werden. Sobald die geschiedenen Ehepartner beide das Rentenalter erreicht haben und die ausländische Rente an den Berechtigten ausgezahlt wird, kann der Ex- Ehepartner die Überweisung des darin enthaltenen Ehezeitanteils an ihn verlangen.
Wem das Abwarten bis zum Rentenalter zu unsicher ist, der kann bereits bei Scheidung eine Abfindung für ausländische Rentenanwartschaften verlangen.
Alternativ kann auch ein Versorgungsausgleichsverfahren im Ausland durchgeführt werden, sofern das jeweilige Land ein derartiges Verfahren kennt, wie z. B. die Schweiz.
Meine Kanzlei hat besondere Erfahrung mit der Behandlung ausländischer Versorgungsanrechte bei Scheidungen in Deutschland, etwa den drei Säulen der schweizerischen Altersversorgung, US-amerikanischer 401-k-Pläne oder ungewöhnlicher Versorgungsanrechte, wie den außerhalb Großbritanniens begründeten Aufnahmevehikeln für den steuerfreien Transfer britischer Betriebsrenten, sog. QROPS.
Was tun, wenn sich das Versorgungsausgleichsverfahren zu lange hinzieht?
Das Gericht spricht normalerweise die Scheidung erst dann aus, wenn alle Versorgungsauskünfte eingeholt sind und der Versorgungsausgleich somit zeitgleich mit der Scheidung durchgeführt werden kann.
Es besteht jedoch in Ausnahmefällen die Möglichkeit, den Versorgungsausgleich vom Scheidungsverfahren abzutrennen mit der Folge, dass die Scheidung schon ausgesprochen werden kann und der Versorgungsausgleich erst später durchgeführt wird. Eine solche Abtrennung durch das Gericht setzt voraus, dass:
- seit Zustellung des Scheidungsantrages drei Monate verstrichen sind,
- das Trennungsjahr abgelaufen ist,
- beide Eheleute die erforderlichen Mitwirkungshandlungen vorgenommen haben und
- beide die Abtrennung beantragen.
Für die Entscheidung über den Versorgungsausgleich ist dann in der Regel nicht nochmals eine mündliche Verhandlung erforderlich. Die Parteien können sich mit dem schriftlichen Verfahren einverstanden erklären.
Vertragliche Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich
Vertragliche Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich sind möglich. Die Eheleute können den Versorgungsausgleich ganz oder teilweise, etwa bezogen auf einzelne Anrechte, ausschließen oder in anderer Weise modifizieren. Derartige Vereinbarungen müssen entweder notariell beurkundet oder bei Gericht zu Protokoll gegeben werden. Das Gericht prüft in diesem Fall die Angemessenheit der geplanten Vereinbarung.
In manchen Fällen bietet es sich an, Versorgungsanrechte im Rahmen der Scheidungsfolgenregelung mit anderen Ansprüchen zu verrechnen und entsprechende Verzichtserklärungen abzugeben. Dies ist vor allem dann möglich, wenn das Scheidungsverfahren bereits eingeleitet wurde und die Versorgungsauskünfte vollständig vorliegen. Vor Einleitung des Scheidungsverfahrens ist es meistens ein Ding der Unmöglichkeit, an die erforderlichen Auskünfte zu gelangen, da die Versorgungsträger in der Regel nur den Gerichten Auskunft zu den Ehezeitanteilen erteilen, aber nicht den Eheleuten selbst.
Vertragliche Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich bieten sich u. a. dann an, wenn
Kann der Versorgungsausgleich im Todesfall noch abgeändert werden?
Wenn der begünstigte Ehepartner verstirbt, nachdem er weniger als 36 Monaten lang Leistungen aus dem Versorgungsausgleich erhalten hat, kann der Ehepartner, der seinen Rentenanteil abgeben musste, vom Versorgungsträger die Rückübertragung verlangen, sofern es sich um Ansprüche aus einem Regelversorgungssystem handelt.
In manchen Fällen besteht auch noch nach Ablauf der Drei-Jahres-Frist die Möglichkeit, die vormals eigenen Rentenanrechte des verstorbenen Ex-Ehepartners über einen Abänderungsantrag zurückzuholen. Wenn Ihre Ehe vor dem 31.08.2009 geschieden wurde, zögern Sie nicht, mich hierzu zu kontaktieren.
Enge Zusammenarbeit mit erfahrenem Rentenberater
Der Versorgungsausgleich ist ein hoch komplexes Rechtsgebiet, in dem neben besonderen juristischen Kenntnissen auch versicherungsmathematisches Verständnis häufig erforderlich ist. In diesem Bereich arbeite ich daher eng mit einem erfahrenen Rentenberater zusammen, der in komplizierten Fällen z. B. die Versorgungsauskünfte für Sie überprüft, zur Wahl des richtigen Versorgungsträgers bei externer Teilung berät und Bewertungsgutachten für Abänderungsfälle erstellt.