Beratung zum Thema Eheschließung
Was Ihnen der Standesbeamte nicht sagt
Eine Eheschließung ist häufig ein besonderer Moment im Leben des Hochzeitspaares, der beteiligten Familien und Freunde, geprägt von Glück und Dankbarkeit, den richtigen Lebenspartner gefunden zu haben, und von gemeinsamen Zukunftsplänen. Die wenigsten denken in solchen Momenten daran, dass sie mit der Eheschließung ein (höchstpersönliches) Rechtsgeschäft eingehen, das schon während der Ehe rechtliche Folgen nach sich zieht.
Erst recht denken verliebte Paare in der Regel nicht darüber nach, dass für den Fall einer Trennung oder Scheidung das Gesetz konkrete Rechte und Pflichten für beide Ehepartner vorsieht, die im Zweifel gerichtlich durchsetzbar sind. So wird dem einkommens- oder vermögensstärkeren Ehepartner kraft Gesetzes die Pflicht auferlegt, an den anderen Ehepartner nach der Trennung und für einen oft nicht unerheblichen Zeitraum auch nach der Scheidung Unterhaltszahlungen zu leisten, ihm einen Ausgleich für den in der Ehe erzielten Vermögenszugewinn zu zahlen (Zugewinnausgleich) und die in der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften mit ihm zu teilen (Versorgungsausgleich).
Wer sich umgekehrt während der Ehe dafür entscheidet, seinen Beruf aufzugeben, etwa um sich ganz der Kinderbetreuung und Haushaltsführung zu widmen, verkennt möglicherweise, wie schwierig die vom Gesetz verlangte Rückkehr in den Beruf im Falle einer Scheidung einmal sein wird und in welche finanzielle Abhängigkeit man sich hier begibt. Auch ein gemeinsamer Vermögensaufbau erfolgt zu Ehezeiten nicht notwendig und ist auch mit steuerlichen Risiken behaftet.
Der Familienunterhalt kann während der Ehe relativ frei ausgestaltet werden. Es besteht kein Anspruch des nicht erwerbstätigen Ehepartners auf hälftige Beteiligung an den Erwerbseinkünften des anderen und erst recht kein Anspruch auf Fortzahlung des bisherigen Eigeneinkommens durch den anderen Ehepartner.
Kein institutionalisiertes Informationssystem
Bei Eheschließung gibt es kein institutionalisiertes Informationssystem, das die Heiratswilligen über diese Rechtsfolgen der Eheschließung aufklärt. Weder die Standesämter noch sonstige staatliche Stellen oder die Kirchen bieten derartige Informationen an, obgleich die Rechtsfolgen für die Beteiligten im Regelfall wesentlich gravierender sind als etwa im Bereich des Datenschutzes oder Fernabsatzrechts, wo das Gesetz zwingende Aufklärung vorsieht.
Vielen Eheleuten ist daher weder bewusst, was im Falle einer Scheidung tatsächlich gilt, noch dass sie diese Rechtsfolgen durch Abschluss eines notariellen Ehevertrages wirksam abändern können.
Die Bedeutung von Eheverträgen
Nicht selten drängen die Eltern von Braut und Bräutigam mit Blick auf vorhandenes Familienvermögen auf den Abschluss von Eheverträgen. Indirekt kann dies durch Rückfall- bzw. Widerrufsklauseln in Immobilienschenkungsverträgen geschehen.
Oder die Gesellschaftsverträge von Gesellschaften, an denen ein Ehepartner beteiligt ist, sehen für die Gesellschafter eine Verpflichtung zum Abschluss von Eheverträgen vor, in denen der jeweilige Gesellschaftsanteil aus dem Zugewinnausgleich ausgenommen wird; anderenfalls droht Ausschluss aus der Gesellschaft (sog. Güterstandsklauseln).
In solchen Situationen werden die Eheleute von außen zum Abschluss eines Ehevertrages gedrängt mit dem Ziel, vorhandenes Familien- oder Gesellschaftsvermögen zu erhalten und vor dem Zugriff des anderen Ehepartners zu schützen.
Grundsätzlich ist jedoch allen Eheschließenden zu empfehlen, vor oder auch noch nach der Hochzeit bei einem spezialisierten Fachanwalt für Familienrecht Informationen über die gesetzlichen Scheidungsfolgen, insbesondere Unterhalt, Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich, einzuholen und danach gemeinsam zu entscheiden, ob man es bei diesen Regelungen belassen möchte oder ob stattdessen im Rahmen eines vorsorgenden Ehevertrages adäquatere individuelle Regelungen getroffen werden sollen.
Dies mag von einigen als unromantisch empfunden werden. Jedoch profitieren von einem vorsorgenden Ehevertrag letztlich beide Ehepartner, weil im Falle einer Scheidung die finanziellen Folgen bereits klar geregelt sind und dadurch ein Rosenkrieg verhindert werden kann.
Rechtsfolgen der Eheschließung
Sofern kein individueller Ehevertrag geschlossen wird, gelten nach dem Gesetz folgende Grundsätze:
Wer ohne Ehevertrag in Deutschland heiratet, lebt im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Dies bedeutet, dass jeder Ehepartner das Vermögen behält und allein verwaltet, das er bei Eheschließung hatte, und dass neu hinzuerworbenes Vermögen ebenfalls getrenntes Vermögen bleibt. Erst bei Beendigung der Ehe durch Scheidung (oder Tod) kommt es zu einem Ausgleich für ungleiche Vermögenszuwächse während der Ehezeit in Form des sogenannten Zugewinnausgleichs.
Umgekehrt bedeutet die Trennung der Vermögensmassen, dass ein Ehepartner grundsätzlich nicht für Schulden des anderen Ehepartners haftet, solange er sich nicht ausdrücklich mitverpflichtet hat oder es sich um ein Geschäft zur Deckung des angemessenen Lebensbedarfs der Familie handelt (sog. Schlüsselgewalt).
Eine weitere gesetzliche Folge des gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft ist die zweifache Beschränkung bei der Ausführung bestimmter Rechtsgeschäfte:
Ein Ehepartner, der über sein Vermögen als Ganzes verfügen will, benötigt hierfür die Zustimmung des anderen Ehepartners. Dies wird vor allem dann relevant, wenn größere Vermögenswerte, die das Hauptvermögen des Ehepartners darstellen, wie etwa Immobilien oder Unternehmensbeteiligungen, veräußert werden sollen. In solchen Fällen ist die Zustimmung des anderen Ehepartners und seine Unterschrift unter der notariellen Übertragungsurkunde zwingend erforderlich.
Dasselbe gilt bei der Veräußerung von zum Haushalt gehörenden Gegenständen. Auch solche Verfügungen sind ohne Zustimmung des anderen Ehepartner zunächst (schwebend) unwirksam; sie werden erst mit Erteilung der Zustimmung wirksam.
Ehepartner schulden einander angemessenen Unterhalt. Dies gilt bereits ab Eheschließung, aber auch im Falle einer Trennung und sogar häufig auch noch nach der Scheidung. Der Unterhaltsanspruch hat dabei je nach Ehephase verschiedene Ausprägungen.
Während der Ehe bezieht sich der Anspruch auf die Deckung der Kosten des Haushalts und der persönlichen Bedürfnisse der Ehepartner und des Lebensbedarfs der gemeinsamen Kinder. Die Unterhaltspflicht gilt für alle Ehemodelle und Rollenverteilungen. Wer in der Ehe nicht arbeitet, weil er z. B. Kinder betreut und sich um den Haushalt kümmert, hat Anspruch auf ein Taschengeld.
Auch im Falle einer Trennung schuldet der besser verdienende Ehepartner dem anderen weiterhin Unterhalt, der sich grundsätzlich nach dem Halbteilungsprinzip richtet. Gerade bei gehobenen Einkommensverhältnissen sind die Unterhaltsschuldner nicht selten erstaunt, wie hoch der Unterhaltsanspruch tatsächlich ausfallen kann, insbesondere wenn der andere Ehepartner bis dato eher „kurz gehalten“ wurde.
Unter bestimmten Voraussetzungen wird auch nach rechtskräftiger Scheidung weiterhin Unterhalt geschuldet, wobei hier ebenfalls grundsätzlich das Halbteilungsprinzip gilt. Sachverhalte, die eine Unterhaltspflicht nach Scheidung begründen können, sind die Betreuung gemeinsamer Kinder, Arbeitslosigkeit oder auch Alter oder Krankheit. Am häufigsten ist der sogenannte Aufstockungsunterhalt, der es dem berufstätigen unterhaltsberechtigten Ex-Ehepartner ermöglicht, die ehelichen Lebensverhältnisse noch für eine Weile nach der Scheidung aufrechtzuerhalten.
Wer während der Ehe nicht erwerbstätig war, etwa weil er gemeinsame Kinder betreut hat, ist spätestens ab Einreichung des Scheidungsantrages verpflichtet, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Wohnt er zu dem Zeitpunkt noch in der vormaligen Ehewohnung, muss er sich deren vollen objektiven Wohnwert (Mietwert) wie Einkommen zurechnen lassen. Bisweilen besteht dann kein Barunterhaltsanspruch mehr.
Während bestehender Ehe erworbene Rentenanwartschaften stehen demjenigen zu, der sie erworben hat. Verstirbt ein Ehepartner, hat der andere Ehepartner u. U. Anspruch auf Witwen- bzw. Witwerrente.
Im Falle einer Ehescheidung führt das Familiengericht den sog. Versorgungsausgleich durch. Dabei ermittelt es zuerst bei den beteiligten Versorgungsträgern, welche Versorgungsanwartschaften die Ehepartner im Laufe der Ehezeit (von Eheschließung bis Zustellung des Scheidungsantrages) jeweils erworben haben. Die entsprechenden Ehezeitanteile jedes einzelnen Anrechts beider Ehepartner werden dann im Rahmen der Scheidung auf Anweisung des Gerichts von den Versorgungsträgern hälftig zwischen den Eheleuten aufgeteilt.
Sofern noch keine Rentenzahlungen erfolgen, sondern lediglich Anwartschaften bestehen, erfolgen hier lediglich Umbuchungen, entweder im Bereich der Versorgungsträger selbst durch Eröffnung eines eigenen Versorgungskontos für den Ehepartner (sog. interne Teilung) oder durch Übertragung des Ausgleichswerts des Anrechts auf einen anderen Versorgungsträger (sog. externe Teilung). Erst mit Erreichung des Rentenalters profitiert dann der jeweils begünstigte Ehepartner von dem Versorgungszuwachs.
Bezieht hingegen ein Ehepartner bei Scheidung bereits Rente, reduziert sich durch den Versorgungsausgleich sein monatlicher Rentenbezug um die Hälfte, selbst wenn der andere Ehepartner noch nicht im Rentenalter ist (Wegfall des Rentnerprivilegs).
Ehepartner haben neben anderen Verwandten des Erblassers ein gesetzliches Erbrecht und im Falle ihrer Enterbung einen Pflichtteilsanspruch. Die Erbquote bzw. die Höhe des Pflichtteilsanspruchs richtet sich danach, ob der verstorbene Ehepartner bei seinem Tod Kinder oder andere Verwandte hinterlässt und in welchem Güterstand die Ehepartner lebten.
Hatte der Erblasser vor seinem Tod bereits die Scheidung eingereicht oder dem Scheidungsantrag des anderen Ehepartners zugestimmt, entfallen das Erbrecht und der Pflichtteilsanspruch des hinterbliebenen Ehepartners.
Seit dem 01.01.2023 sind Ehepartner kraft Gesetzes berechtigt, den anderen Ehepartner im Falle von Bewusstlosigkeit oder Krankheit gegenüber Ärzten und Kliniken zu vertreten und Einsicht in dessen Krankenakten zu nehmen. Die behandelnden Ärzte sind insofern von ihrer Schweigepflicht entbunden.
Dies gilt nicht, wenn die Ehepartner getrennt leben oder wenn der erkrankte Ehepartner die Vertretung ablehnt oder für den erkrankten Ehepartner ein Betreuer bestellt ist.
Werden während bestehender Ehe Kinder geboren, haben die Eltern für diese kraft Gesetzes das gemeinsame Sorgerecht. Dies gilt auch, wenn der biologische Vater des Kindes tatsächlich ein anderer Mann ist.
Sind gemeinsame Kinder schon vor Eheschließung vorhanden, so entsteht die gemeinsame elterliche Sorge für die Kinder mit der Eheschließung, sofern nicht bereits zuvor gemeinsame Sorgerechtserklärungen durch die Eltern abgegeben wurden.
In steuerlicher Hinsicht ist eine Eheschließung i. d. R. für Paare günstig. Neben den Vorteilen der Zusammenveranlagung im Rahmen des mittlerweile politisch umstrittenen Ehegattensplittings bei der Einkommensteuer, welches Verheiratete gegenüber Ehelosen privilegiert, sind auch im Erbschaftssteuer-, Schenkungssteuer- und Grunderwerbsteuerrecht Privilegien zugunsten von Ehepartnern im Rahmen bestehender Freibeträge und niedrigerer Steuersätze vorgesehen. Im Todesfall steht dem überlebenden Ehepartner zudem ein sog. Versorgungsfreibetrag bei der Erbschaftsteuer zu.
Auch das Familienheim ist im Erbfall von der Erbschaftsteuer befreit, wenn der Ehepartner es zehn Jahre weiter bewohnt. Zu Lebzeiten kann das selbst genutzte Familienheim schenkungssteuerfrei auf den anderen Ehepartner übertragen werden. Im Falle eines Immobilienverkaufs unter Ehepartnern entfällt die Grunderwerbsteuer.
Bei der gesetzlichen Krankenversicherung können Ehepartner und Kinder beitragsfrei mitversichert werden, solange sie nicht selbst krankenversicherungspflichtig sind und ein bestimmtes Gesamteinkommen nicht überschritten ist. Ähnliches gilt im Rahmen der Beihilfe für Beamte.
Inhalte von Eheverträgen
Das gesetzliche Scheidungsfolgensystem basiert auf einem Verständnis der Ehe als Solidargemeinschaft. Regelungsziele sind der Schutz des ökonomisch schwächeren Ehepartners nach Beendigung der Ehe und damit indirekt der Schutz der Sozialsysteme. Während bestehender Ehe wird die Ausgestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse weitgehend den Eheleuten selbst überlassen. In vielen Fällen führen die gesetzlichen Regelungen hinsichtlich der Scheidungsfolgen zu akzeptablen Ergebnissen.
Für einige Ehekonstellationen passt das gesetzliche System jedoch weniger gut oder gar nicht. Dies betrifft beispielsweise:
Die Anzahl der in Frage kommenden Konstellationen ist nahezu unbegrenzt und kann hier nicht annäherungsweise erschöpfend dargestellt werden. In vielen dieser Fällen kann durch einen vorsorgenden Ehevertrag die gewünschte Modifikation der gesetzlichen Rechtsfolgen herbeigeführt werden. Bei Unternehmerehen ist der Abschluss eines Ehevertrages praktisch zwingend.
Richterliche Inhaltskontrolle von Eheverträgen
Vorsorgende und scheidungsbezogene Eheverträge unterliegen grundsätzlich einer inhaltlichen Kontrolle durch die Gerichte, wobei zwischen der sogenannten Wirksamkeitskontrolle bei Abschluss des Vertrages und der Ausübungskontrolle zum Zeitpunkt der Umsetzung der vertraglichen Regelungen unterschieden wird. Die Gerichte haben dabei solche Vereinbarungen zu korrigieren, die zu einer erkennbar einseitigen Lastenverteilung führt, wenn diese Ausdruck einer gestörten Vertragsparität ist. So hat es das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2001 entschieden. Hierzu gibt es mittlerweile eine umfassende Rechtsprechung, die bei der Gestaltung von Eheverträgen und Scheidungsfolgenvereinbarungen zwingend zu beachten ist. Auch insofern sollte beim Abschluss von vorsorgenden Eheverträgen stets anwaltlicher Rat eingeholt werden.
Anwaltliche Beratung bei der Ausgestaltung von Eheverträgen
Eheverträge bedürfen zu ihrer Wirksamkeit fast immer der notariellen Beurkundung. Aufgrund der größeren Sachnähe und Expertise werden sie im Regelfall von Familienrechtsanwälten entworfen, die sich zuvor intensiv mit der individuellen Situation des Paares und den Wünschen beider Ehepartner auseinandergesetzt haben und die mit den gesetzlichen Regelungsverboten (etwa bzgl. eines Verzichts auf Trennungsunterhalt) und der umfangreichen Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Eheverträgen vertraut sind.
Auch bei Eheverträgen gilt, dass ein Anwalt aufgrund der widerstreitenden Interessen nicht beide Vertragsparteien vertreten darf. Vielmehr hat er bereits im Erstgespräch, das häufig mit beiden Verlobten/Ehepartnern geführt wird, offenzulegen, welche Partei er vertritt. Der andere Ehepartner ist im Zweifel gut beraten, rechtzeitig eigenen, parteiischen Rechtsrat einzuholen.
Zur Vermeidung unerwünschter steuerlicher Effekte von Ehevertragsgestaltungen, insbesondere bei Änderungen des Güterstandes, sollte zudem rechtzeitig ein Steuerrechtsexperte mit ins Boot geholt werden.